Diskussionen um geplante Euro-6-Plakette
Es scheint so, als würden die Diskussionen um die neu geplante Euro 6 Plakette nicht verstummen. War sie Anfang April noch beschlossene Sache, wurden die aktuellen Pläne rund um die Einführung erst kürzlich wieder verworfen. Die heftige Kritik an dem Konzept der neuen Abgasnorm hat also gefruchtet und es wird derzeit Ausschau nach möglichen Alternativen gehalten. Aber warum konnte die Debatte über die blaue Plakette überhaupt erst so aufkeimen und was würde eine Einführung für die Verbraucher bedeuten?
Warum eine neue Plakette Sinn machen würde
Im April dieses Jahres stellten die Umweltminister von Bund und Länder ihre Pläne zur Umsetzung der neuen Euro 6 Plakette vor. Aufgrund der immer höher werdenden Stickstoffoxidbelastung in deutschen Großstädten und Ballungszentren, sollten an entsprechenden Orten neue Umweltzonen errichtet werden. Ohne entsprechende blaue Plakette sei dann das Einfahren trotz Katalysator und Dieselpartikelfilter in jeglichen Zonen verboten. Wirft man einen Blick auf aktuelle Statistiken, ist eine neue Norm auch nicht ganz unberechtigt – der Grenzwert von 40 Mikrogramm Stickstoffoxid (NO2) pro Kubikmeter wurde in vielen deutschen Großstädten bereits überschritten, Stuttgart rief im Januar als erste Stadt bundesweit sogar über mehrere Tage Feinstaubalarm aus. Die Langzeitfolgen könnten aufgrund gesundheitlicher Risiken erheblich sein. Selbst die EU-Kommission ermittelt zwecks Vertragsverletzungen gegen die Bundesrepublik. Die neue Plakette könnte den aktuellen Zustand also eventuell eindämmen – naja, könnte.
Verbote statt Reduktion – Millionen Dieselfahrzeuge werden zur Zielscheibe
Für die Luftverschmutzung durch Stickstoffoxid sind hauptsächlich Dieselfahrzeuge verantwortlich. Benziner, Hybrid- und Elektroautos werden in dieser Angelegenheit außen vor gelassen. Sollten diese bereits über eine Euro 4 Plakette verfügen, wären diese auch automatisch Euro 6-konform. Aber die harsche Kritik ist berechtigt: So hätten über 13,5 Millionen dieselbetriebene Wagen nicht mehr in entsprechende Umweltzonen einfahren dürfen und müssten auf Alternativen ausweichen. Lediglich 500.000 wären für eine Einfahrt berechtigt – für Umweltschützer und Befürworter der Plakette ein Segen, für auf das Fahrzeug angewiesene Dieselfahrer eine oftmals nicht zu meisternde Hürde und eine unrealistische Forderung, da entsprechende Autoteile zum Nachrüsten größtenteils selbst gezahlt werden müssten. Die neuen Regelungen sollten schon 2017 umgesetzt werden, deswegen wäre diese Entscheidung ein weitgehender Eingriff auf Kosten der Autofahrer.
Gegenwind sorgt für Umdenken: Pläne sind auf Eis gelegt
Doch seit Mitte August heißt es erst einmal aufatmen: Umweltstaatssekretär Jochen Flasbarth erklärte, das bisherige Pläne bezüglich der blauen Plakette erstmal hinfällig seien. Kritik kam von den verschiedensten Seiten: So sprachen sich sämtliche Wirtschafts- und Verkehrspolitiker, als auch Automobil- und Umweltverbände dagegen aus. Auch Bundesverkehrsminister Dobrindt ist der Meinung, dass Verbote zwecks notwendiger Mobilität keinen Sinn machen würden und man eher bei öffentlichen Verkehrsmitteln oder Taxis ansetzen sollte, die einen Hauptanteil am innerstädtischen Verkehr ausmachen. So sollte die Reduktion von Schadstoffen auch in der Praxis umgesetzt werden und nicht nur durch schriftliche Einfahrverbote geregelt sein. Ebenso sei die Luftverschmutzung von NO2 durch Dieselfahrzeuge in den letzten Jahren schon drastisch reduziert worden.
Arbeitsgruppe arbeitet an möglichen Alternativen
Laut Flasbarth ist bereits eine Arbeitsgruppe entstanden, die an möglichen Alternativen arbeitet. Die Idee der blauen Plakette sei zwar noch nicht ganz vom Tisch, allerdings sollten erstmal realistischere Möglichkeiten in Betracht gezogen werden, da es unmöglich sei, alle 13,5 Millionen Dieselfahrzeuge nachzurüsten oder auf die entsprechende Norm anzupassen. Bis nach dem Herbst dieses Jahres soll nun ein Alternativkonzept erarbeitet werden – man darf gespannt sein.
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