Generative KI zur Verbesserung automatisierter Fahrfunktionen
Es ist ein Szenario, das sich kein Autofahrer wünscht: Ein Ball rollt auf die Fahrbahn und im nächsten Moment könnten Kinder auf die Straße laufen, ohne auf den Verkehr zu achten. Ein menschlicher Fahrer kann diese Situation durch sein Kontextwissen einschätzen. Heutige assistierte und automatisierte Fahrsysteme hingegen müssen das erst noch erlernen. Bosch untersucht, wie sich generative KI zur Verbesserung automatisierter Fahrfunktionen einsetzen lässt. Vor diesem Hintergrund ergründen Bosch und Microsoft derzeit Möglichkeiten zur Zusammenarbeit und zur maximalen Nutzung generativer KI. „Bosch arbeitet daran, eine neue Dimension von KI-Anwendungen im Fahrzeug zu erschließen“, sagte Dr. Stefan Hartung, Vorsitzender der Bosch-Geschäftsführung, anlässlich des diesjährigen AIoT-Branchentreffens Bosch Connected World in Berlin. Generative KI soll es dem Fahrzeug künftig ermöglichen, Situationen einzuschätzen, entsprechend zu reagieren und so Verkehrsteilnehmer noch besser zu schützen. Mehr Sicherheit im Straßenverkehr – das wünschen sich auch 60 Prozent der Befragten des diesjährigen Bosch Tech Compass, einer weltweiten, repräsentativen Bosch-Umfrage zu den Themen Technologie und KI.
„Bosch arbeitet daran, eine neue Dimension von KI-Anwendungen im Fahrzeug zu erschließen.“
Dr. Stefan Hartung, Vorsitzender der Bosch-Geschäftsführung
Generative KI soll mehr Sicherheit in Straßenverkehr bringen
Die beiden Unternehmen gehen davon aus, dass eine Zusammenarbeit die Leistung automatisierter Fahrfunktionen auf die nächste Stufe heben würde. Die Hoffnungen ruhen dabei auf generativer KI, mit der der Komfort im Fahrzeug und die Sicherheit für alle Verkehrsteilnehmer erhöht werden sollen. Um die generative KI zu füttern, dürften sich das umfassende Fahrzeugverständnis und die automobilspezifische KI-Expertise von Bosch als ebenso überaus wertvoll erweisen wie der Zugang des Technologieunternehmens zu Fahrzeugsensordaten.
„Microsoft steht voll und ganz hinter der Verbesserung der Verkehrssicherheit. Daher freuen wir uns darauf, im Bereich generativer KI Möglichkeiten der Zusammenarbeit mit Bosch zu ergründen,“
Uli Homann, CVP und Distinguished Architect bei Microsoft
KI bestimmt, ob ein Unfall droht
Wenn es darum geht, Systeme für das automatisierte Fahren zu trainieren, kommt KI heute noch schnell an ihre Grenzen. Aktuelle Fahrerassistenzsysteme können zwar bereits Personen, Tiere, Objekte und Fahrzeuge erkennen, doch schon in naher Zukunft könnten sie mithilfe generativer KI bestimmen, ob in der jeweiligen Situation ein Unfall droht. Generative KI trainiert Systeme für automatisiertes Fahren auf der Grundlage großer Datenmengen, aus denen so verbesserte Erkenntnisse gezogen werden. So ließe sich beispielsweise ableiten, ob es sich bei einem Objekt auf der Fahrbahn um eine Plastiktüte oder beschädigte Fahrzeugteile handelt. Mit dieser Information kann entweder eine direkte Kommunikation zum Fahrer aufgenommen werden – wie die Einblendung von Warnhinweisen – oder es können entsprechende Fahrmanöver eingeleitet werden – wie eine Bremsung unter Einschalten des Warnblinkers.
Bosch und Microsoft haben bereits bei der Entwicklung einer Softwareplattform für die nahtlose Vernetzung von Autos und Cloud zusammengearbeitet und werden nun gemeinsam neue Möglichkeiten ergründen, um ihre Kunden und die gesamte Automobilbranche in den Genuss hochmoderner KI-Technologie zu bringen.
Generative KI als Innovationsbooster
„Generative KI ist ein Innovationsbooster und kann die Industrie verändern, ähnlich wie die Erfindung des Computers“
Dr. Tanja Rückert., Bosch-Geschäftsführerin und Chief Digital Officer
Das zeigt auch der neue Bosch Tech Compass 2024: Demnach sind 64 Prozent der Befragten der Meinung, dass KI die bedeutendste Technologie der Zukunft ist. Zum Vergleich: Nur ein Jahr zuvor waren davon lediglich 41 Prozent der Befragten überzeugt.
„Generative KI ist ein Innovationsbooster und kann die Industrie verändern, ähnlich wie die Erfindung des Computers.“
Dr. Tanja Rückert, Bosch-Geschäftsführerin und Chief Digital Officer
Generative KI bei Bosch bereits in Anwendung
Von der Fertigung bis zum Berufsalltag – bei Bosch kommt generative KI bereits in vielen Bereichen zur Anwendung. Dabei arbeitet das Unternehmen neben Microsoft mit mehreren Partnern, darunter AWS, Google und Aleph Alpha, zusammen. Schon im vergangenen Jahr hat die Corporate-Venture-Capital-Einheit der Bosch-Gruppe, Bosch Ventures, in das KI-Unternehmen Aleph Alpha investiert. Darüber hinaus hat Bosch eine inhaltliche Zusammenarbeit mit dem Start-up angekündigt, um gemeinsam neue Anwendungsfälle, sowohl für Beschäftigte als auch für Kunden von Bosch, umzusetzen.
„Bosch und Aleph Alpha wollen voneinander lernen, vom Know-how des jeweils anderen profitieren und gemeinsam an domänen-übergreifenden Anwendungsfällen arbeiten.“
Dr. Tanja Rückert, Bosch-Geschäftsführerin und Chief Digital Officer
Diese Partnerschaft trägt nun erste Früchte
Bosch führt in Nordamerika in Zusammenarbeit mit Aleph Alpha eine KI-basierte Spracherkennung im Auftrag eines Premium-Automobilherstellers ein. Ein Sprach-Bot versteht und beantwortet dabei Pannenservice-Anrufe mithilfe einer natürlichen Sprachverarbeitung, die auch Dialekte, Akzente und Stimmungen erfasst. Die Wartezeit für den Fahrer wird aufgrund der Direktannahme des Gesprächs auf ein Minimum reduziert. Bereits 40 Prozent der Anrufe können automatisiert bearbeitet und gelöst werden. Bei komplexeren Anfragen übermittelt der Bot alle relevanten Informationen an einen Service-Center-Agenten, der den Fall unmittelbar übernimmt.
Von der KI-Suchmaschine bis hin zur Fertigung
Insgesamt beschäftigen sich derzeit bei Bosch KI-Experten mit inzwischen deutlich mehr als 120 konkreten Anwendungsmöglichkeiten, die sich aus neuen KI-Modellen für Beschäftigte und Kunden des Unternehmens ergeben. Dazu zählen beispielsweise die Generierung von Software-Programmcode oder leistungsfähige Chat- und Voicebots zur Unterstützung von Technikern oder zur Interaktion mit Endkunden. Ende 2023 ist die unternehmensinterne KI-Suchmaschine „AskBosch“ live gegangen, die über natürliche Sprache schnelleren Zugriff auf verschiedenste, beispielsweise im Intranet verteilte Datenquellen bietet. Zusätzlich zu extern verfügbaren Daten bezieht „AskBosch“ auch interne Datenquellen mit ein. So können die Bosch-Mitarbeitenden Bosch-spezifische Informationen recherchieren. Auch in der Fertigung sorgt generative KI für mehr Geschwindigkeit: Bosch startet in zwei deutschen Werken erste Projekte, bei denen generative KI synthetische Bilder erzeugt, um KI-Lösungen für die optische Inspektion zu entwickeln und zu skalieren oder bereits vorhandene KI-Modelle zu optimieren. Bosch geht davon aus, dass sich so die Zeit von Projektierung über Inbetriebnahme bis hin zum Hochlauf von KI-Anwendungen von derzeit sechs bis zwölf Monaten auf nur noch wenige Wochen reduziert. Nach erfolgreicher Pilotierung soll dieser Service zur Generierung synthetischer Daten allen Bosch-Standorten angeboten werden.
Bosch Tech Compass 2024: Tempo beim Einsatz künstlicher Intelligenz
Der Einsatz von KI in immer mehr Lebensbereichen macht auch die berufliche Weiterbildung immer wichtiger: Davon sind 58 Prozent der Befragten des Bosch Tech Compass überzeugt. Vor allem in den USA ist die Zustimmung mit 63 Prozent groß (Deutschland: 54 Prozent, China: 52 Prozent). Bosch macht auch hier Tempo beim Einsatz künstlicher Intelligenz und nimmt seine Mitarbeitenden auf diesem Weg mit. Im Jahr 2019 hat Bosch ein KI-Trainingsprogramm ins Leben gerufen, um zunächst 30 000 Mitarbeitende im Bereich künstliche Intelligenz zu schulen. Bisher haben rund 28 000 Mitarbeitende das Programm durchlaufen. Dieses wurde ebenso wie der Bosch-KI-Kodex, der ethische Leitlinien für den Umgang mit künstlicher Intelligenz setzt, um Inhalte zu generativer KI ergänzt.
Über die Umfrage:
Für die repräsentative Studie wurden im Dezember 2023 von der Gesellschaft für Innovative Marktforschung mbH (GIM) im Auftrag der Robert Bosch GmbH Personen ab 18 Jahren in sieben Ländern (Brasilien, China, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Indien und USA) online befragt. In Deutschland, Frankreich und Großbritannien wurden jeweils mindestens 1 000 Personen befragt, in Brasilien, China, Indien und den USA jeweils mindestens 2 000 Personen. Die Stichproben sind repräsentativ für das jeweilige Land in Bezug auf Region, Geschlecht und Alter (BR, DE, FR, UK, US: 69 Jahre / CN, IN: 18–59 Jahre).
Foto: Robert Bosch GmbH