Ein Gebraucht­wa­gen mit gerin­gem Tachostand zum Schnäpp­chen­preis? Vor­sicht – das klingt nach Tach­obe­trug.
Die neue Tacho-Datenbank der Initia­tive gegen Tacho­ma­ni­pu­la­tion schützt Ver­brau­cher künf­tig gegen kri­mi­nell geschönte Kilo­me­ter­zäh­ler. „Was in ande­ren EU-Ländern schon längst erfolg­reich funk­tio­niert, ist nun auch in Deutsch­land mög­lich“, sagt Wolf­ram Stein von der Initia­tive. „Die Doku­men­ta­tion der KM-Stand-Historie ist in einer für jeder­mann zugäng­li­chen Daten­bank abruf­bar“, so Stein wei­ter.


Die Pro­ble­ma­tik ist nicht neu: Die Poli­zei schätzt, dass die Lauf­leis­tung jedes drit­ten Gebraucht­wa­gens zurück­ge­dreht wurde, wodurch ein volks­wirt­schaft­li­cher Scha­den von rund sechs Mil­li­ar­den Euro im Jahr ent­steht. „Der­zeit wer­den in Deutsch­land und auf EU-Ebene gesetz­li­che Rah­men­be­din­gun­gen vor­an­ge­trie­ben, um Tach­obe­trug künf­tig ein­zu­däm­men“, sagt Stein.

Tach­obe­trug ist kein Kava­liers­de­likt
In Deutsch­land wird die kri­mi­nelle Ver­jün­gung von Tachostän­den mit einer Gefäng­nis­strafe von bis zu einem Jahr geahn­det. Da der Nach­weis auf­wen­dig und kos­ten­in­ten­siv ist, kommt es de facto so gut wie nie zu einer Straf­ver­fol­gung. Im Gegen­teil: Der Betrug ist pro­fes­sio­nell orga­ni­siert. Wer sei­nen Kilo­me­ter­stand in der eige­nen Garage nicht selbst fri­siert, kann auf zwie­lich­tige Dienst­leis­ter zurück­grei­fen, die für wenig Auf­wand Lauf­leis­tun­gen mit legal erwor­be­nen Gerä­ten für rund 150 Euro zurück­dre­hen.

Über den Onboard-Diagnose-Stecker wird die Appa­ra­tur mit dem Fahr­zeug ver­bun­den. Inner­halb weni­ger Minu­ten wer­den Marke, Modell und Bau­jahr ange­ge­ben und schon kann der gewünschte Kilo­me­ter­stand ein­ge­tra­gen wer­den und der Tacho läuft rück­wärts. Neu auf dem Mani­pu­la­ti­ons­markt ist die Mög­lich­keit der per­ma­nen­ten Mani­pu­la­tion. Hier stellt der Fah­rer wäh­rend der Fahrt die Funk­tion des Kilo­me­ter­zäh­lers mit­hilfe einer Smart­phone App ab, sodass sich die gefah­rene Stre­cke nicht auf den Zäh­ler nie­der­schlägt.

So funk­tio­niert die Tacho-Datenbank
Die Online-Plattform der Initia­tive gegen Tacho­ma­ni­pu­la­tion ermög­licht Kfz-Betrieben und sons­ti­gen auto­ri­sier­ten Part­nern, Kilo­me­ter­stände von Fahr­zeu­gen über die Fahr­zeu­gi­den­ti­fi­ka­ti­ons­num­mer (FIN) in einer neu­tra­len Daten­bank abzu­spei­chern. Hal­ter kön­nen die Daten kos­ten­los ein­tra­gen las­sen und Fahrzeug-Lebensläufe jeder­zeit ein­fach und bequem über das Inter­net abru­fen. Die Vor­aus­set­zung für den Abruf ist immer die vor­lie­gende Erlaub­nis des Hal­ters, daher muss er ein­ma­lig einen Auto­ri­sie­rungs­pro­zess durch­füh­ren, der für die Zeit sei­ner Hal­ter­schaft gilt.
Die Daten­bank­lö­sung ermög­licht den unpro­ble­ma­ti­schen Nach­weis der KM-Stände durch ein­fa­ches Abfra­gen der Infor­ma­tio­nen über das Inter­net. Die zugrunde lie­gende Datenbank-Software ist vom TÜV Rhein­land geprüft und abge­nom­men und ent­spricht dem deut­schen Datenschutzgesetz.

ACV warnt Ver­brau­cher vor gra­vie­ren­dem Sicher­heits­ri­siko
Neben dem Staat und Ver­si­che­run­gen, sind es in ers­ter Linie Ver­brau­cher, die durch Tacho-Trickserei zu den Geschä­dig­ten gehö­ren. Es han­delt sich dabei nicht nur um einen Betrug am tat­säch­li­chen Kauf­preis eines Gebraucht­wa­gens, son­dern viel­mehr um eine Sicher­heits­frage, da durch externe Zugriffe in das Sys­tem War­tungs­ar­bei­ten und Werk­stattin­ter­valle in gefähr­li­che Län­gen gestreckt wer­den. Folg­lich wer­den sicher­heits­re­le­vante, ver­baute Kom­po­nen­ten unre­gel­mä­ßig vom Fach­mann auf ihre Funk­tio­na­li­tät über­prüft wer­den.

Der ACV Automobil-Club Ver­kehr for­dert von der Auto­mo­bil­in­dus­trie die Sicher­heits­an­for­de­run­gen, die vor exter­nen Mani­pu­la­tio­nen schüt­zen, dras­tisch zu erhö­hen: „Die Fahr­zeuge sind der­zeit ab Werk bereits unzu­rei­chend vor Tach­obe­trug geschützt“, warnt Lars Wage­ner, Vor­sit­zen­der der Geschäfts­lei­tung des ACV Automobil-Club Ver­kehr. „Gleich­zei­tig ist die Tacho-Datenbank in Form einer zen­tra­len Doku­men­ta­ti­ons­stelle für Kilo­me­ter­stände ein wich­ti­ger Bau­stein im Kampf gegen Tach­obe­trug“, sagt Wage­ner. Unsere euro­päi­schen Nach­bar­län­der machen es vor: Durch die stän­dige Kilo­me­ter­stan­der­fas­sung bei Wartungs- und Repa­ra­tur­maß­nah­men in eine unab­hän­gige Daten­bank, haben sich die exter­nen Zugriffe zum Bei­spiel in Bel­gien auf ein Geringst­maß redu­ziert.

Wie kön­nen sich Ver­brau­cher gegen Tacho­ma­ni­pu­la­tion schützen?
Der­zeit ist ein Nach­weis über ver­jüngte Tachostände beim Gebraucht­wa­gen­kauf schwie­rig, Sach­ver­stän­di­gen feh­len not­wen­dige Dia­gno­se­mit­tel, um den Betrug nach­wei­sen zu kön­nen.
Die Prüf­be­schei­ni­gung der letz­ten Haupt­un­ter­su­chung gibt Auf­schluss über den Kilo­me­ter­stand zum Zeit­punkt der HU und durch ver­gan­gene Prüf­be­schei­ni­gun­gen kann die Lauf­leis­tung zurück­ver­folgt wer­den. Zudem gibt der Ver­schleiß an Auto­sit­zen, Schalt­knüp­peln und Peda­len Rück­schlüsse auf das Alter des Fahr­zeugs. Bei moder­nen Fahr­zeu­gen ist diese Art der Alters­be­stim­mung jedoch fast unmög­lich, warnt der ACV.

Der Tacho-Spion iden­ti­fi­ziert tat­säch­li­che Lauf­leis­tung per Ultra­schall
Michael Schmut­zen­ho­fer hat die Tech­nik, mit der die Indus­trie bereits seit Jahr­zehn­ten Feh­ler­quel­len dia­gnos­ti­ziert, auf das Auto über­tra­gen. Mit­hilfe des Tacho-Spions kön­nen Motor und Lager­ver­schleiß ana­ly­siert wer­den. „Genauso, wie die Stimme oder der Fin­ger­ab­druck immer einem kon­kre­ten Men­schen zuge­ord­net wer­den kann, ist das nun auch bei Moto­ren mög­lich“, erklärt Schmut­zen­ho­fer vom Tacho-Spion. „Denn jeder Motor hat seine eigene, unver­wech­sel­bare „Stimme“. Diese ver­än­dert sich aber im Laufe sei­nes „Lebens“ und ist abhän­gig vom Grad des Ver­schlei­ßes und der Abnut­zung“, so Schmut­zen­ho­fer wei­ter.

Durch die Mes­sung von Ultra­schall, die der Motor im Betrieb erzeugt, wer­den Feh­ler­quel­len iden­ti­fi­ziert, die weder zu sehen noch mit eige­nen Ohren zu hören sind. Aus den gemes­se­nen Geräu­schen in Ver­bin­dung mit dem Stand des Tacho­me­ters hat der Tacho-Spion eine Referenz-Datenbank geschaf­fen, mit der man neu gemes­sene Moto­ren­ge­räu­sche ver­glei­chen kann. Eine spe­zi­elle Soft­ware berech­net dar­aus den Ver­schleiß­grad. Die tech­ni­sche Lösung des Tacho-Spions wird die Daten­bank­lö­sung künf­tig im Kampf gegen den Tach­obe­trug ergän­zen.
Die EU for­dert die Ein­füh­rung einer Daten­bank zur Iden­ti­fi­ka­tion von unbe­fug­tem Ein­grei­fen. Die EU Richt­li­nie 2045/14 gilt für Prüf­ge­sell­schaf­ten und muss spä­tes­tens mit dem 20.05.2017 bin­nen eines Jah­res durch „Erlass einer natio­na­len Rechts­vor­schrift“ umge­setzt wer­den.

Wei­tere Infor­ma­tio­nen fin­den Sie unter www.gegentachomanipulation.de

Quelle: Automobil-Club Verkehr